Sie entlastet, inspiriert und unterstützt: Künstliche Intelligenz spielt in immer mehr Lebensbereichen der Menschen hierzulande eine Rolle. Die technologische Entwicklung ist den Kenntnissen der Anwender:innen und der gesetzlichen Regulierung dabei immer einige Schritte voraus. mit der Auslegeordnung KI legt der Bund das Fundament für die künftige Regelung künstlicher Intelligenz in der Schweiz. digitalswitzerland begrüsst diesen wichtigen Schritt.

Künstliche Intelligenz durchdringt zunehmend alle Lebensbereiche, wird von immer mehr Menschen im Alltag genutzt und schafft grosse wirtschaftliche Potenziale. Auch die Politik beschäftigt das Thema KI, denn die Einsatzmöglichkeiten in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung entwickeln sich stetig. Mit den Chancen steigen gleichzeitig die gesellschaftlichen Erwartungen an KI: Transparenz, Fairness und Verantwortung sind entscheidend für eine nachhaltige Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) ist somit nicht mehr nur eine Frage des technologisch-wirtschaftlichen Wettbewerbs der Schweiz mit der EU, USA und China, sondern auch eine gesellschaftliche Notwendigkeit und eine wichtige Weichenstellung für die Wirtschaft.

Damit KI-Technologien in der Schweiz optimal genutzt werden können, braucht es kluge Rahmenbedingungen. Eine ausgewogene Regulierung kann Vertrauen schaffen, ohne Innovationen zu bremsen. digitalswitzerland sieht die Veröffentlichung der Auslegeordnung zu regulativen Ansätzen von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Schweiz durch das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) und den Richtungsentscheid des Bundesrates als ersten, wichtigen Schritt in die richtige Richtung.

Die Schweiz im globalen Kontext

Die Schweiz steht vor komplexen strategischen Herausforderungen, die sich aus dynamischen internationalen Entwicklungen ergeben. Besonders prägend ist das KI-Wettrüsten, das zwischen den USA, China und der EU in Gang ist. Gleichzeitig polarisiert die Diskussion um gegensätzliche regulatorische Ansätze: Wo positioniert sich die Schweiz zwischen der dichte europäischen Regulierung und dem Deregulierungsansatz der neuen amerikanischen Regierung? Was bedeutet es für die Schweiz, wenn sie aufgrund geltenden US-Rechtes keine hochleistungsfähigen KI-Chips importieren kann?

Mit einer umfassenden digitalen Geostrategie soll der Bund die Handlungsfähigkeit der Schweiz als innovative und verlässliche Partnerin im globalen Wettbewerb sichern, weiter auszubauen und den internationalen Anschluss in technologischer, wettbewerblicher, wissenschaftlicher und sicherheitspolitischer Hinsicht sichern.Gleichzeitig muss der Bund Forderungen von Branchenverbänden berücksichtigen, um pragmatische Antworten auf reale Fragestellungen der hiesigen Wirtschaft zu ermöglichen. Der Entscheid des Bundesrates, die KI-Konvention des Europarates zu ratifizieren und einen sektorspezifischen Ansatz für die Schweiz zu wählen anstatt eines ganzheitlichen KI-Gesetzes, ist ein erster, begrüssenswerter Schritt in diese Richtung. So sollen Regelungen und Vorschriften nicht universell für alle Branchen oder Bereiche gelten, sondern spezifisch auf einzelne Sektoren oder Industrien zugeschnitten werden. Diese Stossrichtung steht im Einklang mit der Schweizer Rechtstradition, die auf Technologieneutralität1 und prinzipienbasierten Lösungen2 fusst. Der vom Bund gewählte Ansatz ermöglicht eine nach Sektoren bedarfsgerechte Regulierung von KI-Anwendungen zum Schutze der Grundrechte und der politisch-wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit im nationalen und internationalen Kontext.

Einschätzung von digitalswitzerland zu den KI-Entscheidungen des Bundesrates:

digitalswitzerland begrüsst die Empfehlung, auf ein Rahmengesetz zu verzichten und stattdessen punktuelle Anpassungen und Ergänzungen auf Gesetzes- und Verordnungsstufe sowie sektorielle Regulierungen zu bevorzugen. Die Ratifizierung der Europaratskonvention wird ebenfalls unterstützt. Die Gründe dafür sind folgende::

  • Der Grundrechtsschutz als Voraussetzung um das Vertrauen in KI zu stärken: Der Schutz der Grundrechte bei der Entwicklung und Anwendung von KI-Systemen ist von höchster Bedeutung für das Vertrauen in KI. Die Ratifizierung der KI-Konvention des Europarats unterstreicht dieses Ziel. Durch die prinzipienbasierte Regulierung wird sichergestellt, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger im digitalen Zeitalter geschützt werden.
  • Technologie- und Prinzipienbasierte Regulierung, um Innovation zu fördern: Durch die Technologieneutralität ist die Regulierung nicht auf bestimmte Technologien ausgerichtet, sondern auf übergreifende Prinzipien. Dies verhindert, dass neue Technologien im Voraus ausgeschlossen werden und schafft somit Raum für Innovation. Durch die Prinzipienbasiertheit liegt der Fokus auf den gewünschten Ergebnissen und nicht auf den Mitteln, um diese zu erreichen.
  • Sektorieller Ansatz ermöglicht Flexibilität: Ein sektorieller Ansatz bietet Flexibilität, da er es ermöglicht, dieselben KI-Anwendungen in verschiedenen Branchen unterschiedlich zu behandeln. So besteht breite Einigkeit, dass Gesichtserkennungssoftware zur Überwachung am Arbeitsplatz ungeeignet ist. Im medizinischen Bereich, beispielsweise zur Depressionserkennung, könnte dieselbe Technologie jedoch wertvolle Dienste leisten. Diese branchenspezifische Flexibilität fördert Innovationen.
  • Subsidiarität und Public-Private Collaboration: Digitalswitzerland begrüsst den pragmatischen Ansatz des Bundesrates, der gesetzliche und nicht rechtlich bindende Massnahmen kombiniert. Der Bund setzt auf eine Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft, wobei wirtschaftsnahe Organisationen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Standards und Best Practices spielen. Zudem begrüsst digitalswitzerland die Eigenverantwortung der Unternehmen und die sektorielle Entwicklung von Soft Law-Lösungen. Die Subsidiarität des Schweizer Systems ermöglicht eine flexible Reaktion auf neue Herausforderungen. Die Wirtschaft ist sich ihrer Verantwortung bewusst und trägt durch eigene Initiativen dazu bei, den Schutz der Grundrechte im Bereich der künstlichen Intelligenz zu gewährleisten, bis zum Inkrafttreten der Schweizer Vorlage zur Umsetzung der KI-Konvention des Europarates.

Zusammenfassend begrüsst digitalswitzerland die Entscheide des Bundesrates. Die Schweiz verfolgt einen vielversprechenden Ansatz, der die Chancen der KI nutzt und gleichzeitig die Risiken minimiert. Die Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft ist entscheidend, um einen flexiblen und dennoch stabilen Rahmen für die KI-Entwicklung zu schaffen.

Startschuss für eine zielgerichtete KI-Regulierung in der Schweiz 

Die Auslegeordnung des BAKOM und der Entscheid des Bundesrates markieren den Abschluss einer grundlegenden Rahmendiskussion zum Umgang mit KI in der Schweiz und leitet den Beginn der detaillierten Auseinandersetzung mit Chancen und Risiken künstlicher Intelligenz für Wirtschaft und Gesellschaft ein. Der vom Bund gewählte sektorspezifische Ansatz baut auf dem starken Schweizer Rechtssystem auf; nun ist zu klären, ob und wie die Regulierung in bestehenden Gesetzen anzupassen ist, um Schweizer Unternehmen Rechtssicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig die internationale Anschlussfähigkeit des Landes zu sichern.

Folgende Punkte sind aber zu beachten:

  • Die Umsetzung der KI-Konvention bis Ende 2026 in eine Vorlage ist ein ambitioniertes Ziel, das eine effiziente und zügige Umsetzung erfordert. Um eine klare und praktikable Anwendung zu gewährleisten, ist eine sorgfältige Konkretisierung der abstrakten Prinzipien der Konvention unerlässlich. Die Diskussion darüber, welche Gesetze in grundrechtsrelevante Bereiche fallen, wird komplex sein.
  • Die Bereitschaft der Wirtschaft zur aktiven Mitgestaltung wird entscheidend sein, um die nicht-rechtlich bindenden Massnahmen effektiv zu verankern. Es gilt, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz der Grundrechte und der Förderung von Innovationen zu finden.
  • Die Schweizer Regulierung muss mit den Regelungen der wichtigsten Handelspartner kompatibel sein, um den Marktzugang für Schweizer Unternehmen zu erleichtern. Der Bund trägt der europapolitischen Perspektive Rechnung und wird die notwendigen Anpassungen für den Zugang zum europäischen Markt prüfen, sobald die Verhandlungen mit der EU abgeschlossen sind.

Fazit: Ein wichtiger Schritt für eine zukunftsfähige KI-Strategie in der Schweiz

Die Auslegeordnung und der Entscheid des Bundesrates markieren einen wichtigen Meilenstein für die technologische und wirtschaftliche Zukunft des Landes. Der gewählte sektorspezifische Ansatz bringt mittelfristig nicht nur Rechtssicherheit für Unternehmen und Nutzende, sondern stärkt auch die Innovationskraft der Schweiz im globalen Wettbewerb. Durch eine flexible, prinzipienbasierte Regulierung kann die Schweiz ihre traditionelle Technologieneutralität bewahren und gleichzeitig den Schutz der Grundrechte sicherstellen.

Die Anpassung bestehender Gesetze an neue Herausforderungen, kombiniert mit regulatorischen Sandboxes für Forschung und Entwicklung, schafft ein dynamisches Umfeld für Innovation. Dadurch wird das Vertrauen in KI-Technologien gestärkt und ihre Potenziale können besser ausgeschöpft werden.

Der Umgang mit KI ist nicht nur eine regulatorische, sondern auch eine gesellschaftliche Frage. Dabei kommt den Hochschulen und Fachschulen eine Schlüsselrolle zu, sowohl in der Forschung und Entwicklung von KI-Technologien als auch in der Vermittlung des notwendigen Wissens und Verständnisses für deren verantwortungsvollen Einsatz. Bildung und Weiterbildung sind entscheidend, um die Bevölkerung auf den Wandel vorzubereiten. Schulen, Universitäten und Unternehmen müssen gemeinsam KI-Kompetenzen vermitteln – für Fachkräfte und die breite Öffentlichkeit. Nur wer KI versteht, kann informierte Entscheidungen treffen und die Entwicklung von KI aktiv mitgestalten. Unternehmen und öffentliche Institutionen sollten beim Einsatz von KI mit gutem Beispiel vorangehen.

Mit diesem kombinierten Ansatz unterstreicht die Schweiz ihre Entschlossenheit, verantwortungsbewusst mit künstlicher Intelligenz umzugehen und gleichzeitig die wirtschaftlichen Möglichkeiten dieser neuen Technologien zu nutzen. Entscheidend wird nun sein, wie die konkrete Umsetzung einer KI-Regulierung erfolgt, um die Balance zwischen Regulierung, Innovation und ethischer Verantwortung zu gewährleisten. Insgesamt stellt die vorgelegte Strategie des Bundes eine solide Grundlage dar, um die Schweiz als führenden KI-Standort nachhaltig zu positionieren.

Infobox: Was wurde am 12. Februar publiziert und entschieden?
In vier Dokumenten und einer Medienmitteilung bietet das BAKOM eine umfassende Analyse der aktuellen Situation und skizziert mögliche Regulierungsansätze.Die Auslegeordnung analysiert verschiedene Optionen, von der Fortführung der sektoriellen Regulierung bis hin zur Ratifizierung der KI-Konvention des Europarats und der Anpassung an den EU AI Act. Die rechtliche Basisanalyse untersucht die Auswirkungen dieser internationalen Regelwerke auf das Schweizer Recht und zeigt Handlungsbedarf in den Bereichen Transparenz, Datenschutz und Nichtdiskriminierung auf. Die sektorielle Analyse beleuchtet die Herausforderungen für verschiedene Sektoren wie Gesundheit, Energie und Verkehr. Die Länderanalyse zeigt, wie andere Länder KI regulieren, von risikobasierten Ansätzen bis hin zu freiwilligen Selbstverpflichtungen. Schliesslich informiert die Medienmitteilung über den Entscheid des Bundesrates, die KI-Konvention des Europarats zu ratifizieren und die notwendigen rechtlichen Anpassungen vorzunehmen.  Zusammenfassend plädieren die Dokumente für einen abgestuften Ansatz, der die KI-Konvention umsetzt, sektorielle Regulierungen bevorzugt und mit nicht rechtlich bindenden Massnahmen ergänzt.



Fussnoten

1 Regulatorische und politische Massnahmen werden so gestaltet, dass sie keine bestimmte Technologie bevorzugen oder benachteiligen. Stattdessen wird ein Rahmen geschaffen, der für alle Technologien gleiche Chancen bietet, solange sie die definierten rechtlichen und ethischen Anforderungen erfüllen.

2 Regelungen, Gesetze oder Ansätze, die nicht durch detaillierte, spezifische Vorgaben oder Vorschriften geregelt sind, sondern durch übergeordnete Leitlinien oder Grundsätze, die den Rahmen vorgeben. Diese Grundprinzipien sollen flexibel genug sein, um auf unterschiedliche Situationen anwendbar zu sein und gleichzeitig die gewünschten Werte und Ziele sicherzustellen.